Aufwandsentschädigung und Aufwand

Eine Antwort auf meine Bewerbung in der Stadt X, über 500km entfernt.

Sehr geehrter Herr Weyhing,
hiermit lasse ich Ihnen ein Anmeldeformular … zukommen.

Ich weise Sie allerdings darauf hin, daß wir … keine Gage zahlen, nur eine Aufwandsentschädigung von 100 – 150 €. Darüberhinaus beträgt die Auftrittszeit 30 – maximal 45 Minuten.

Ich habe dankend abgelehnt und das Anmeldeformular nicht ausgefüllt.

Nicht stattgefundene Konzerte. Ein Trauerspiel in [enter_number_here] Akten

Ich habe mich dazu entschlossen, die kreativsten, unverschämtesten, ahnungslosesten und abweisendsten Absagen zu posten, die man als Musiker eben so erhält, wenn man um die Gunst (und die Gage) eines Veranstalters buhlt.

Die übliche Reaktion ist, daß man gar keine Antwort erhält. In ca. 98% aller Anfragen.

Bei den verbliebenen 2% sind wiederum ca. 95% Absagen dabei, mehr oder weniger freundlich.

Bei den jetzt noch verbliebenen 5% sind ca. 80% an unmöglich zu erfüllende Auflagen und Bedingungen und/oder keine bzw. unakzeptable Gage/Aufwandsentschädigung geknüpft, so daß diese Art der Zusage dann einer Absage gleichkommt.

Ja, es ist frustrierend. Viel Arbeit, so gut wie Null Resonanz. Macht keinen Spaß.

Das erste Beispiel gleich hier.

Rezension von SubTerraMachIneA von Achim Breiling auf den Babyblauen Seiten

Achim Breiling schrieb etwas schönes über SubTerraMachIneA auf den Babyblauen Seiten:

Ein neues Album von Gerd Weyhing aus Rinnthal im Pfälzer Wald! “SubTerraMachIneA” ist dortselbst offenbar in den letzten 5 Jahren entstanden, und mit der Scheibe betritt er, zumindest im Vergleich zum von ihm auf vorherigen Veröffentlichungen (die dem Rezensenten bekannt sind) bzw. bei Konzerten (die der Rezensent beiwohnen konnte) normalerweise abgesteckten klanglichen Territorium, musikalisches Neuland. Weyhing baut nun nicht mehr vornehmlich auf effektverfremdete, schleifenbildende E-Gitarrensounds, sondern betätigt sich als proggender Multiinstrumentalist.

Gitarren stehen zwar auch auf “SubTerraMachIneA” oft im Mittelpunkt des Geschehens, doch erklingen dazu nun noch so allerlei weitere Klangerzeuger, z.B. ein Piano, ein Bass, verschiedene Akustikgitarren, diverse Keyboards, eine Tapping Guitar (also eine Chapman-Stick-Variante) und nicht selten auch Perkussives. Mit diesen Tonquellen entstanden in Rinnthal drei ausgedehnte Nummern von recht unterschiedlichem Charakter, die man aber alle als elektronisch-progressiven Rock bezeichnen kann. Soundscapeartiges, Ambientschweben und Kosmisch-Elektronisches, das meist die vorherigen Werke Weyhings beherrschte, ist auf “SubTerraMachIneA” kaum auszumachen.

“The Tree” beginnt mit etwas unbeholfen wirkenden Pianoläufen, die aber schnell an Sicherheit gewinnen und sich in repetitive Muster verwandeln, die im weiteren Verlauf das ganze Stück durchziehen. Bass, Gitarre(n) und Schlagzeug setzen ein, und die Nummer entwickelt sich in eine meist flott dahingleitende, durchaus abwechslungsreiche Prognummer im Oldfieldschen Geiste. Etwas lang geraten ist das Stück aber, das offenbar das langsame (Ab)Sterben eines Baumes beschreibt. Doch sorgen die minimalistisch geschichteten, sich oft wiederholenden Linien der verschiedenen Instrumente trotz der Länge für eine überzeugende hypnotische Dichte, auch wenn die Nummer in Bezug auf den Sound etwas mehr Saft und Kraft hätte vertragen können.

Minimalistisch ist ein Adjektiv, welches auch (oder noch viel mehr) auf “Clockwork for uncertain times” angewendet werden kann. Schlichter instrumentiert als “The Tree”, ohne allzu deutliche Oldfield-Bezüge, elektrischer und maschineller, erinnert die Musik in der Tat an ein dahintickendes Uhrwerk. Piano, viel (authentisch und vielseitig) programmierte Perkussion, Basslinien, verschiedene Tastensounds und der Stick erzeugen hier ein durchaus farbiges, repetitiv-hypnotisches, hallend-tackerndes Gemenge, das den Hörer (so er sich darauf einlässt) gefangen nimmt.

Das abschließende “Silence and Ecstasy” arbeitet sich etwas weniger gleichförmig, aber ähnlich dynamisch voran, sorgen schleifende Gitarrensounds à la Fripp, hallende e-pianoartige Linien, knurrende Bassounds und wieder allerlei Perkussion für eine erhöhte klangliche Buntheit. Hier ist der Stickprog aus dem rezenteren King-Crimson-Umfeld nicht so weit weg (siehe z.B. die klangmalenderen Improvisationen der Stick Men).

“SubTerraMachIneA” ist alles in allem ein unterhaltsames Album mit überzeugend dargebotenem Ein-Mann-Elektroprog mit DIY-Charme, das Babyblaue Leserinnen und Leser einmal antesten sollten, die Soundscapeartiges (wobei es das – wie gesagt – hier kaum zu hören gibt, oder nur eingebunden in repetitiv-rockmusikalische Muster), den eben erwähnten Stickprog, Retro-Oldfield-Prog und rockige Minimalmusic schätzen. Das Album ist auch als hübsch verpackte CD-R zu haben (siehe den Labellink oben). Schönes Cover!

Achim Breiling, 09.02.2019,

Rezension von SubTerraMachIneA von Nik Brückner auf den Babyblauen Seiten

Nik Brückner schrieb auch etwas über SubTerraMachIneA auf den Babyblauen Seiten. 🙂

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1994 verletzten Unbekannte eine mächtige, mehr als 300 Jahre alte Eiche bei Hauenstein in der Pfalz, um die vergangene Generationen traditionell ihre Feste feierten. Die Bestürzung der Hauensteiner war groß, aber trotz aller Bemühungen erholte sich die Dicke Eiche nicht mehr von dem tiefen Sägenschnitt: 2011 musste sie aus Sicherheitsgründen gefällt werden. Ihre Überreste befinden sich immer noch an dem Ort, an dem die Eiche einst stand. Die Täter wurden nie gefasst, die Gründe für ihre Tat sind unbekannt.

Gerd Weyhing, der ganz in der Nähe lebt, hat diesem Baum einen dreißigminütigen Longtrack gewidmet. Er beginnt mit einem einfachen, etüdenhaften Pianomotiv, das auf drei aufsteigenden Tönen beruht. Auf den ersten Hör klingt es ein wenig plastilinhaltig, auf den zweiten, dritten und alle weiteren auch. Doch bald wird dieses erste Motiv durch eine Variante seiner selbst ersetzt, schneller, flüssiger, der Bass tritt mit einem Viertonmotiv hinzu, und nach und nach werden neue, zusätzliche Instrumente hinzugefügt, die nach und nach neue Motive beitragen. So entsteht ein dichtes, oft polymetrisches Geflecht.

“Melodie wird überschätzt” sagt Weyhing, und ich weiß, was er damit meint. Immerhin identifizieren die meisten Proghörer ihren Prog nicht über Melodie, sondern über Rhythmik. Das heißt aber nicht, dass dieses Album nicht melodiös sei. Weyhing reiht sich in die Nachfolge Mike Oldfields ein, die in den letzten Jahren so interessante Alben wie die Andrew Taylors oder Robert Reeds hervorgebracht hat. Ähnlich wie der große Meister weiß Weyhing seine Instrumente effektvoll zu kombinieren, und schon über die Instrumentierung allein, Leben und Sterben der dicken Eiche zu illustrieren. Und ähnlich wie bei Oldfield gibt es bei Weyhing kaum einmal eine Hauptmelodie, die etwa als Gesangslinie in Frage käme. Die Melodien sind vielmehr subtiler, zurückhaltend ineinandergeflochten. Weyhing macht das mit sehr viel Geschmack und Gespür dafür, wann’s genug ist mit den vielen Melodien, den verschiedenen Schichten. Auch weiß er, Elemente Oldfield’scher Harmonik so einzusetzen, dass das Ganze zwar an den Meister erinnert, dabei aber immer eigenständig bleibt. Dafür, dass das Ganze über volle 30 Minuten trägt, sorgen wiederkehrende Motive und ihre Varianten; so kann man etwa die drei aufsteigenden Töne vom Anfang oder das Viertonmotiv im Bass in dem dichten Geflecht immer wieder entdecken.

Das Stück nimmt gegen Ende an Intensität zu, bis die Musik nach und nach abebbt, und schließlich verklingt. Und der Baum? Nach mehreren Anläufen ist es engagierten Menschen aus Hauenstein und Erfweiler gelungen, eine neue Eiche anzupflanzen. Bleibt zu hoffen, dass sie wächst und gedeiht, und selbst mindestens 300 Jahre alt wird.

“Clockwork for uncertain Times” rückt vom Oldfield-Approach ab, indem das Stück maschineller, kühler klingt. Dafür wirkt die Musik minimalistisch, berechneter. Das Layering-Prinzip wird beibehalten, ebenso die Polyrhythmik, und so bekommt man wirklich den Eindruck eines komplexen Uhrwerks, in dem zahlreiche Zahnrädchen verschiedener Größen ineinandergreifen.

Das abschließende “Silence and Ecstasy” beschreibt eine Mountainbike-Tour des passionierten Bikers Weyhing. Dementsprechend wieder abwechslungsreicher als “Clockwork for uncertain Times”, folgt man musikalisch einem Bike-Trail hinauf zu einem Aussichtspunkt, bis es von dort in rasender Fahrt wieder hinunter zum Ausgangspunkt geht.

Es gibt eine Diskussion darüber, welches Gewicht man Sound und Produktion bei der Bewertung von Musik einräumen sollte, und Gerd Weyhings “SubTerraMachIneA” ist, ähnlich wie “The Chaos Game” von Cabinets of Curiosity, das zur Zeit unser Zweittipp des Monats ist, ein weiteres in einer langen Kette von Argumenten dafür, dass man Sound und Produktion besser nicht besonders stark gewichten sollte. Bei der Bewertung von Musik, wohlgemerkt, nicht beim Genuss von Musik (der ist, häufig genug, davon vollkommen unabhängig). Denn Musik ist vom Talent abhängig, die klangliche Qualität bloß vom Geldbeutel. Wer wüsste das besser als ein Progfan! Von den heute technisch möglichen Klangwelten ist unsere Musik schließlich oft genug weit entfernt. Wer Musik wegen ihres Sounds ignoriert, oder wegen ihres Do-it-yourself-Approaches ablehnt, der hilft unserem Genre nicht nur nicht, er schädigt es sogar aktiv. Denn auf diese Weise bekommen ausgerechnet jene Musiker einen Malus, die ihn am wenigsten verkraften können: Die Jungen, die Unbekannten, die Bastler und Experimentierer. Weyhing ist einer davon. Gebt solchen Leuten eine Chance!

Nik Brückner, 28.03.2019, Babyblaue Seiten